Visino-Chor erweist Mozart die Ehre – und wie

Erstklassige Interpretation des „Requiem“ in der Klosterkirche – Konzert mit Musikhochschülern

2006 jährt sich zum 250. Mal der Geburtstag von Wolfgang Amadeus Mozart. Der Visino-Chor erwies dem großen Komponisten schon jetzt die Ehre- mit einer hervorragenden Aufführung des „Requiem“ in der Eggenfeldener Klosterkirche.
Ein aus Studenten der Musikhochschule München aufgestelltes Orchester, vier exzellente Solisten, die unter anderem auch ihre Ausbildung an diesem Institut erfuhren, und der gut disponierte Chor wurden von dessen musikalischen Leiter Thomas Scherbel dirigiert.

Doch bevor die großartige Totenmesse die Zuhörer in ihren Bann zog, wurden die Konzertbesucher auf den herrlichen Abend durch ein Orchesterwerk von Mozart eingestimmt, das selten gespielte „Konzert für Fagott und Orchester in B-Dur“. Es gehörte zur spärlichen Literatur für diese Konzertfiguration und ver-langt vom Solisten eine enorme Beherrschung seines Instruments, da alle Sätze mit Läufen und den großen Tonsprüngen eines Kontrafagott nur so gespickt sind.

Mühelos blies Tobias Albrecht seinen Part, wobei er noch zusätzlich in Kadenzen sein musikalisches Kön-nen zeigte. Auch das Orchester passte sich in seiner Begleitung gut dieser seltenen Solopartitur an.

Dann füllte das Requiem das große Kirchenschiff, das letzte Werk des jung verstorbenen Komponisten, das er unvollendet hinterließ. Die hervorragende Ergänzung von Franz-Xaver Süßmayer ließ auch Fach-leute im Ungewissen, wie weit die stilistisch harmonische Gesamtfassung noch durch Anweisung von Mozart selbst beeinflusst wurde.

Nach der mit tiefer Trauer und den klagenden Tönen von Fagotten und Bassett-hörnern getragenen Ein-leitung setzte der Chor sehr gefühlvoll ein. Die begleitenden Synkopen der Violinen wurden präzise ge-setzt. Rasch steigerte sich der Chor zu einem ersten fulminanten Ausbruch, der in zartem Piano verlöschte.

Im „Dies irae“ wurde der Gesangsausdruck noch plastischer und nach einem etwas grellen Posaunenein-satz übernahm die Solistin den „Tuba-mirum-Abschnitt“. Etwas verhalten wirkte der Bass von Johannes Stermann, Tenor Markus Durst modulierte ausdrucksstark in moll, die Altistin Regine Mahn klärte die Stimmung auf und hell erklang der schöne Sopran von Julia Rutigliano, die es gut verstand, das mozart-sche Klangbild auch bei gesteigerter Stimme weich fortzuführen.

Der erste Höhepunkt war dann das von den Solisten sehr harmonisch vorgetragene „Recordare“. Nach einer gelungenen Darbietung der heiklen Partiturstellen für die Chordamen im „Confutatis“ endete der dritte Teil des Requiems mit einem wunderschönen „Lacrimosa dies illa“, einer zu Herzen gehenden, flehenden Bitte um Gnade.

Das „Offertorium“ glänzte mit seiner sehr flüssig und präzise vorgetragenen Fuge. Das „Sanctus“ war weniger eindrucksvoll. Um so mehr hob sich das „Benedictus“ durch die zart verhaltenen Stimmen der Solisten ab.

Mit tiefer Frömmigkeit sang der Chor das „Agnus Dei“, worin nochmals die Handschrift von Mozart voll zur Geltung kam, während der Schlussgesang des „Communio“ eindeutig eine Süßmayersche Ergänzung unter nicht ganz passender Verwendung der Kyrie-Musik darstellte.

Mit großem Applaus dankten die Zuhörer den Mitwirkenden für die hervorragende Interpretation dieses spätklassischen Werkes, von dem Mozarts Zeitgenosse Joseph Haydn später sagte, dass dieses Werk allein schon die Unsterblichkeit des großen Tondichters bewirken wird.

Erich Schön
Rottaler Anzeiger vom 22. November 2005