Philharmonische Konzertreihe startet mit Freude

Beethovens Neunte Sinfonie vom Publikum als bejubeltes Ereignis gefeiert

Viel Beifall spendete das begeisterte Publikum für Thomas Mandl, Orchester, Chor und Solisten, von links: Nikolaus Meer, Chorleiter Thomas Scherbel, Frieder Lang, Thomas Mandl, Rita Kapfhammer und Miriam Clark. Foto: Aumiller

BAD REICHENHALL – Das Theater in Reichenhaller Kurgastzentrum war bis auf den letzten Platz ausverkauft. Schon im Vorfeld wurde die Aufführung von Beethovens Sinfonie No. 9 als großes Event gehandelt. Minister Peter Ramsauer und Abgeordneter Roland Richter gaben diesem Auftakt der Philharmonischen Konzertreihe 2010 die Ehre ihrer Anwesenheit. Wer hätte auch dem Jubelchor „Freude schöner Götterfunken“ widerstehen können, wenn dieser ehrgeizige Konzertabend mit Beethovens monumentaler Musik und Schillers „Ode an die Freude“ dem Reichenhaller Musikjahr sozusagen als gutes Omen das Geleit gibt.

Beethoven hat mit seiner letzten Sinfonie mit dem Einbeziehen des groß angelegten Chorsatzes und dem Vokalquartett die sinfonische Form gesprengt und damit einen Meilenstein in der Musikgeschichte gesetzt.

Schon in jungen Jahren trug sich Beethoven mit dem Gedanken, die Schillerworte „An die Freude“ zu vertonen. Als er ihnen schließlich im Schlusssatz seiner Neunten Sinfonie musikalische Form gab, war er bereits vollständig taub. Das ist auch immer wieder das Wunder dieser Musik, dass sie einzig aus der inneren Vorstellungswelt des Komponisten Gestalt annahm und damit zweifellos mit einer spirituellen Dimension ausgestattet ist.

Eine Aufführung ist immer eine große Herausforderung für die Ausführenden, insbesondere auch für die unbequemen vokalen Höhenmeter. Dass Thomas J. Mandl dieses riesige Klanggebäude, das fast ausschließlich großen Sinfonieorchestern in vollzähliger Besetzung vorbehalten ist, seinem Orchester „zumutete“, war allein schon ein anerkennungswürdiges Unternehmen. Dass das Ergebnis dann so eindrucksvoll ausfiel, muss mit gebührender Hochachtung quittiert werden.

Geheimnisvoll düster bahnen sich zu Beginn die Töne ihren Weg, schwanken zwischen einschmeichelnder Melodik und schroffen Akkordblöcken. Erregende Spannung baut sich auf und entlädt sich in tänzerischem Schwung. Das spirituelle Element wird besonders deutlich im traumschönen Adagio des dritten Satzes, dessen musikalische Aussage in schwerelos lichtvolle Dimensionen führt. Ein wildes Furioso leitet den Finalsatz ein und geht über in die Vorausnahme der Freudenthemen der nachfolgenden Vokalverse.

Mit konzentriertem Einsatz waren die Musiker des etwas erweiterten Orchesters bei der Sache. Mandl dirigierte auswendig und entlockte den Streichern ihr mögliches Optimum an Klangintensität. Die Bläser waren eine starke Riege, tonschön und klangfein, auch in den Solopassagen, in der Dynamik manchmal dem Streichern überlegen. Trotzdem gelang immer wieder das Einstimmen auf die Balance des Gesamtklangkörpers, der das Spektrum vom feinen Piano bis zum machtvollen Forte durchmaß. Großes Verdienst kam dabei auch den exzellenten Chorsängern des Visino-Chores Eggenfelden und dem Regensburger Vokalensemble Cantabile zu, von Thomas Scherbel vortrefflich einstudiert. Höhensicher, gut artikuliert und dynamisch variiert gestalteten sie einen eindringlichen Freudenjubel. Das Solistenquartett, Miriam Deannese Clark, Sopran, Rita Kapfhammer Alt, Frieder Lang, Tenor, und Nikolaus Meer, Bass, gab sein Bestes, um dem schönen Götterfunken noch ein zusätzliches Expressiv- Moment hinzuzufügen.

Mit orgelnder Bass-Schwärze intonierte Meer „0 Freunde, nicht diese Töne! Sondern lasst uns angenehmere anstimmen und freudenvollere!“ und gab damit den vokalen Auftakt. Kapfhammer sekundierte mit Samtstimme und Clark stieg leuchtend, aber nicht ganz ungefährdet in Höhen mit dünner Luft. Lang konnte nicht vergessen machen, dass Tenöre kein leichtes Leben haben, und so war unüberhörbar, dass ihm sein Part erhebliche Mühe kostete. „Seid umschlungen Millionen“: dem überschwenglichen musikalischen Ausklang folgte der Beifallsjubel des Publikums, das damit seine Freude über ein außerordentliches Reichenhaller Musikfest zum Ausdruck brachte.

ELISABETH AUMILLER
Reichenhaller Tagblatt 25. Januar 2010