Liebeserklärung an die Chormusik

180 Zuhörer beim A-cappella-Konzert des Visino-Chores zum Valentinstag im Bösendorfersaal

Plakat zu „Freud und Leid der Liebe“

Eggenfelden. „Freud und Leid“ – so betitelten die Verantwortlichen des Visino-Chores ihr Konzert zum Valentinstag. A-cappella-Musik von der Renaissance bis zur Popmusik zeigten die Bandbreite des Repertoires, das der Chor beherrscht.

Ein Konzert zum Valentinstag war bisher im Kulturleben Eggenfeldens eher nicht existent, umso mehr freuten sich die rund 180 Zuhörer über dieses Angebot an einem „normalen“ Werktag. Und die Intention des Konzertes, mannigfaltige

Chormusik in relativ ungezwungener Atmosphäre, aber dennoch mit einem gewissen künstlerischen Anspruch darzubieten, gelang in jedem Falle.

Chor meisterte hohe Anforderungen
Der Abend begann mit Max Regers „Mädchen mit den blauen Augen“, einem flotten Chorsatz in heiterem A-Dur, der eigentlich gar nicht so sehr der eigentlichen Tonsprache des Komponisten nahekommt, sondern eher volkstümlich gehalten ist. Der Chor zeigte hierbei gleich die Abgestimmtheit aufeinander, gerade bei den duett-artigen Achtelbewegungen in einzelnen Stimmen.

Es folgten drei Lieder von Johannes Brahms, einem sehr fleißigen Liedkomponisten – „Rosmarin“ in ruhig fließendem Moll, dann quasi als „Gegenstück“ das Lied „Von alten Liebesliedern“, bei dem besonders der Sopran sich in schwindelerregende Höhen bewegen muss. Als drittes Brahmsstück in diesem Konzertteil folgte das dicht umwoben gesetzte „Waldesnacht“, ein um 1874 entstandenes Chorstück nach dem bekannten Text von Paul Heyse. Mit allerlei Sequenzen, verminderten Akkorden und chromatischen Teilen werden bei dem Werk ziemlich hohe Anforderungen an einen Chor gestellt, zumal man sich ja auch noch um einen charaktermäßig passenden Klang bemühen muss.

Diesen Notwendigkeiten stellte sich der Chor jedoch sehr souverän und man merkte hierbei auch schon die Handschrift des Chorleiters Stefan Metz, der im letzten Jahr die Leitung des Chores übernommen hat. Metz zeichnet ein präzises, zwingendes, aber dennoch unaufdringliches Dirigat aus, das auf den Chor direkt überspringt, ohne ihn aber zu überfordern. Man merkte hierbei auch die Schule von Prof. Michael Gläser aus dessen langjähriger Rundfunkchortätigkeit – Stefan Metz studiert momentan Chorleitung bei ihm – der seine Chöre stets quasi als „Diener“ des Chores entschlossen führt und ihn bei der Interpretation sozusagen hilfreich voransteht.

Der nächste Block hatte ein sehr interessantes Repertoire zu bieten – Chormusik aus der Renaissance. John Bennets „Weep, o mine eyes“ gehört zu seinen berühmtesten Madrigalen, ist ein fantastisches Stück im Stile von Thomas Morley. Nicht minder berühmt ist „Dein Herzlein mild“ von Brahms, ein oft interpretiertes und gar nicht einfaches Chorstück mit diversen intonatorischen Klippen. Passend dazu folgte noch ein Madrigal von Thomas Morley und abschließend ein sehr rhythmisch betontes „Ich brinn und bin entzündt“ von Hans Leo Hassler, einem der wichtigsten Renaissance-Komponisten, was Chormusik betrifft.

Im nächsten Teil folgten weitere Volkslieder, besonders gefiel hierbei „Come again“ von Dowland, ein Liebeslied des englischen Komponisten, der in seiner Tonsprache her stark der Lautenmusik verbunden ist. Die versetzten Einsätze in der Textzeile „to see, to hear, to touch, to kiss, to die“ erforderten mit dem prägnanten Anfangslaut eine große Präzision des Chores, die dieser auch beeindruckend bot. Zudem ist die englische Sprache in der Chormusik nicht gerade einfach, da viele andere morphologische Konstellationen auftreten, als dies im Deutschen der Fall ist.

Comedian Harmonists und Annett Louisans
Im letzten Konzertblock bot der Visino-Chor wunderbare und selten zu hörende Werke – sogenannte „close harmony-Arrangements“ aus dem popmusikalischen Bereich. Beginnend mit „Ausgerechnet Bananen“ von den Comedian Harmonists, die als Mitbegründer dieser Art von Chormusik gelten, ging es weiter zu Annett Louisans „Drück die 1“, bei dem besonders die Männerstimmen eine völlig neue Chorrolle einnahmen und sich als lautmalerische Begleiter mit kleinen „vocal percussion-Elementen“ in das herrliche Arrangement einbrachten. Den Sängern und dem Chorleiter merkte man die Freude an dieser spritzigen Art von Chormusik sichtlich an, auch wenn die sehr trockene Akustik des Bösendorfersaals die Bedingungen für den Chor deutlich erschwerte.

Nach „L.O.V.E.“ von Nat King Cole beendete der Chor sein Programm mit Henry Mancinis „Moon river“. Hier bewies der Chor noch einmal hohe Kompetenzen, denn die versetzten Einsätze in Form eines Sekundakkords, Vorhalte, schwierige Akkorde und eine romantisch-flächige Tonsprache sind nicht gerade Kleinigkeiten im Anforderungsprofils eines Laienchores. So entstand ein wunderbarer Ausklang dieses schönen Konzertabends.

Moderiert wurde das Konzert von Richard Eder, dem langjährigen Vorsitzenden des Visino-Chores. Er streifte in seinen Moderationen das Thema „Liebe“ aus den verschiedensten Blickwinkel – mal heiter-satirisch, mal nachdenklich-philosophisch oder mit allerlei Zitaten von berühmten Persönlichkeiten. Beeindruckend waren hierbei nicht nur die rhetorischen Fähigkeiten und die teils kabarettistischen Zusammenhänge, sondern auch die gelungenen Überleitungen zum jeweils nächsten Stück. Es bleibt zu hoffen, dass es immer wieder mal solch „kammermusikartige“ Konzerte mit Köstlichkeiten aus der Chormusik geben wird.

Markus Asböck
Rottaler Anzeiger vom 18. Februar 2013