Von Berggipfeln zu den Gipfeln der Charts

Visino-Chor erweckt den Forster&Miller-Weinhof im Herzen der Stadt aus seinem Dornröschenschlaf

Die Sänger des Visino-Chors mit dem Moderator des Sommerkonzerts, Richard Eder (rechts).

Eggenfelden. Er ist aus dem Dornröschenschlaf erwacht. Nachdem jahrelang Tür und Tor zur Außenwelt verschlossen waren, wurde der Forster & Miller-Weinhof erstmals wieder von bezaubernden Klängen erfüllt. Der Visino- Chor hat seinen Traum verwirklicht, in dem einzigartigen Ambiente zum Sommerkonzert einzuladen.

Begrüßt wurde das Publikum mit dem Madrigal „Wir lieben sehr im Herzen“ von Daniel Friderici, das auch 400 Jahre nach der Entstehung nichts von seinem mitreißenden Charakter eingebüßt hat. Drei Dinge, so das Lied, braucht man zum Glücklichsein: liebliche Musik, einen freundlichen Anblick und – natürlich – frischen, kühlen Wein. Für alles war ausgiebig gesorgt, um den Besuchern einen unvergesslichen Abend unter freiem Himmel zu bescheren.

Richard Eder führte als versierter Moderator mit launigen Worten durch das Programm. Das Konzert stellte sogar eine Premiere dar – es war der erste Auftritt des Visino-Chors unter seiner neuen Leiterin Nektaria Paletsou – „einer Griechin“, wie Eder mit einem Augenzwinkern hinzufügte. Temperamentvoll-energisch, aber auch umsichtig forderte sie dem Chor mit ihrem flexiblen Dirigat Höchstleistung ab.

Die Stücke-Auswahl bestach durch Abwechslung, den Höhepunkt des Abends stellte das Werk „From the Bavarian Highlands“ von Edward Elgar dar. Chorleiterin Nektaria Paletsou hatte sich bewusst für den Komponisten entschieden – aus Liebe zur Romantik und aufgrund des passenden Inhalts.

Wie der Titel schon verrät, ist der Schauplatz von Elgars Werk, bestehend aus sechs Stücken, das bayerische Gebirge, sein liebster Urlaubsort. Bereits mit dem ersten Lied dem beschwingten „The Dance“, begeisterte der Chor die Zuschauer, mit den Stücken „False Love“ und „Lullaby“ schlugen die Sänger ruhigere, melancholisch-verträumte Töne an. „Das absolute Highlight“ war für die Dirigentin das temporeiche Lied „The Marks-men“, bei dem der Chor seine volle Kraft entfaltete und dessen Ende das einer Oper sein könnte.

Mit den Worten „Von den Gipfeln der bayerischen Alpen zu den Gipfeln der Charts“, leitete Eder den zweiten Teil des Abends ein. Für niemand Geringeren als die erfolgreichste Band des 20. Jahrhunderts – die Beatles – hatte sich der Chor entschieden und gab ein flottes Medley zum Besten. Von England ging es nach Schweden zu ABBA, vor allem das vom Chor in perfektem Satzgesang vorgetragene „Super Trouper“ erntete tosenden Applaus.

Zum Abschluss glänzten die Sänger mit dem rhythmisch äußerst anspruchsvollen Spiritual „Ain’t no grave can hold my body down“, bei dem sie teilweise achtstimmig durch beachtliche Präzision und einfühlsame Interpretation für Gänsehaut-Feeling sorgten.

Begleitet wurde der Chor von dem bemerkenswert beseelten und virtuosen Klavierspiel der Pianistin Marta Kucbora. Die integrative Wirkung von Musik, wie Eder betonte, machte sich nicht nur in der Stückauswahl, sondern vor allem an den Beteiligten bemerkbar. Ein bayerischer Chor, eine griechische Chorleiterin und eine polnische Pianistin sorgten für einen musikalisch unvergesslichen Abend mit einem schier nicht enden wollenden Applaus.

Julia Meidinger
Rottaler Anzeiger vom 30. Juli 2015

Atemberaubende Spontaneität

„Händel meets Gospel“: Konzert der Klazz-Brothers mit dem Visino-Chor begeistert im vollbesetzten Theater

Das Jazztrio „Klazz-Brothers“ mit seinem herausragenden Pianisten Bruno Böhmer-Camacho, Bassist Kilian Forster und Schlagzeuger Tim Hahn begeisterte zusammen mit dem Visino-Chor Eggenfelden beim Crossover-Konzert „Händel meets Gospel“.

Eggenfelden. Mehr und mehr scheint sich Eggenfelden zum Geheimtipp für Jazzmusik zu entwickeln. Nachdem im letzten Jahr das weltberühmte Glenn Miller-Orchestra ein fulminantes Konzert im Theater an der Rott ablieferte, gelang Selbiges an gleicher Stele den Klazz-Brothers in einer Co-Produktion mit dem Visinochor, verstärkt durch einige Mitglieder des Theaterchores.

Verbindung von Jazz und Klassik

„Händel meets Gospel“ – so lautete das Konzertmotto und es verriet schon einiges über die Grundkonzeption, verschiedene Musikstile miteinander zu verweben. Die Klazz-Brothers – ein Trio mit Klavier, Kontrabass und Schlagzeug – sind auf diesem Weg mittlerweile weltweit anerkannte Spezialisten und haben es sich zur Aufgabe gemacht, Jazz und „klassische“ Musik miteinander zu verbinden. „Klazz“ steht nicht nur für die Wandlung klassischer Werke in Jazz-Versionen, sondern auch für die Bereicherung des Jazz mit klassischen Stilelementen.

Den Auftakt zum Konzert bildete Carl Orffs „O Fortuna“ aus seiner „Carmina Burana“ und sollte daran erinnern, dass vor einiger Zeit dieses Großwerk vom Visino-Chor dargeboten wurde. Die drei Musiker des Jazztrios zeigten hierbei schon ihre Visitenkarte: größtmögliche Spontaneität, sofortiges Reagieren auf Impulse eines Musikers aus der Gruppe, nonverbale Verständigung per Blickkontakt mit sofortiger musikalischer Umsetzung.

Auch die anschließende Transformation von Mozarts berühmter „Facile“-Klaviersonate in ein Jazzgewand entzückte sehr, blieben doch die Motive sehr deutlich erkennbar, erschienen jedoch in völlig anderer musikalischer und rhythmischer Sprache. Ähnliches erreichte das Trio mit Beethovens „Freude schöner Götterfunken“ – ein düsterer und langsamer Beginn in Moll entwickelte sich mehr und mehr zu freudestrahlender Dur-Melodie, alles immer wieder verpackt in Jazzharmonik und fetzigen Rhythmen.

Der Visino-Chor trat zu mehreren gemeinsamen Projekten an. „Tochter Zion“ von Händel machte den Anfang. Der klassische Kantionalsatz wurde anfangs vom Jazztrio stilistisch unterstützt, mit steigender Anzahl an Strophen änderte sich mehr und mehr die Tonsprache, so dass man zum Schluss fast eine instrumental-vokale Gospelversion hören konnte.

Faszinierend war dabei die Unaufgeregtheit in der Abstimmung zwischen Chor und Jazztrio – trotz nur einer gemeinsamen Probe entstand keine große Anspannung in Bezug auf den weiteren Verlauf eines Stückes, alles war spontan und locker und die extreme Souveränität der Klazz-Brothers gab dem Chor zusätzliche Sicherheit, selbst wenn man noch nicht genau wusste, wann der nächste Einstieg zu einer Strophe stattfinden sollte und wie lange genau die Jazz-Improvisation diesmal dauern würde.

Auch mit Solostücken trat der Chor auf, insbesondere der um 1920 entstandene Gospel „This little light of mine“ wusste zu gefallen. Die kleinen „little“-Einwürfe der Damen umrahmten wunderbar die von Männern vorgetragene Hauptstimme und Chorleiter Stefan Metz sorgte mit präzisem Dirigat für die notwendige rhythmische Präzision.

Bei weiteren Stücken bewies der 26-jährige Bruno Böhmer-Camacho, deutsch-kolumbianischer Pianist des Trios und mittlerweile einer der wichtigsten lateinamerikanischen Musiker in Deutschland, seine schier atemberaubende Fingerfertigkeit und seine große Improvisationslust in genialem Zusammenspiel mit Schlagzeuger Tim Hahn und Bassist sowie Moderator des Abends, Kilian Forster. Dieser bot eine sagenhafte Performance auf dem Kontrabass – teilweise spielte er Melodieteile mit dem Bogen in klassisch-sanglicher Art und Weise, meistens spielte er einen lupenreinen Jazzbass mit vielen Oktavsprüngen, präziser Rhythmik und erinnerte dabei an den legendären Jazz-Bassisten Niels-Henning Orsted Petersen mit seiner einzigartigen Technik.

Trio bereits für Grammy nominiert

Unumstrittener Höhepunkt des Konzerts war „Joshua fit the battle of Jericho“, bei dem der Chor bis an seine Leistungsgrenzen gehen musste und besonders die Tenöre in schwindelerregenden Höhen aufsteigen mussten. Im Zusammenspiel mit stilistisch fantastischen „Einwürfen“ des Jazztrios entwickelte sich ein faszinierendes Gesamtarrangement, das von großem Schwung und Esprit gekennzeichnet war. Weitere musikalische Stationen waren ein Czardas, der berühmte „Säbeltanz“, die Spirituals „Whitness“ und „Little David“ und abschließend nochmals ein barockes Juwel – „La Rejouissance“ aus der Feuerwerksmusik von G. F. Händel.

Alles in allem erlebten die rund 350 Zuhörer nicht nur ein außergewöhnliches, sondern auch ein musikalisch höchst interessantes Konzert, bei dem jeder stolz sein durfte, herausragende Musiker wie die Klazz-Brothers, die schon zwei Mal mit dem Echo-Klassik und dem Jazz Award ausgezeichnet sowie einmal für den Grammy nominiert wurden, live erleben zu können.

Markus Asböck
Rottaler Anzeiger vom 23. September 2013

Liebeserklärung an die Chormusik

180 Zuhörer beim A-cappella-Konzert des Visino-Chores zum Valentinstag im Bösendorfersaal

Plakat zu „Freud und Leid der Liebe“

Eggenfelden. „Freud und Leid“ – so betitelten die Verantwortlichen des Visino-Chores ihr Konzert zum Valentinstag. A-cappella-Musik von der Renaissance bis zur Popmusik zeigten die Bandbreite des Repertoires, das der Chor beherrscht.

Ein Konzert zum Valentinstag war bisher im Kulturleben Eggenfeldens eher nicht existent, umso mehr freuten sich die rund 180 Zuhörer über dieses Angebot an einem „normalen“ Werktag. Und die Intention des Konzertes, mannigfaltige

Chormusik in relativ ungezwungener Atmosphäre, aber dennoch mit einem gewissen künstlerischen Anspruch darzubieten, gelang in jedem Falle.

Chor meisterte hohe Anforderungen
Der Abend begann mit Max Regers „Mädchen mit den blauen Augen“, einem flotten Chorsatz in heiterem A-Dur, der eigentlich gar nicht so sehr der eigentlichen Tonsprache des Komponisten nahekommt, sondern eher volkstümlich gehalten ist. Der Chor zeigte hierbei gleich die Abgestimmtheit aufeinander, gerade bei den duett-artigen Achtelbewegungen in einzelnen Stimmen.

Es folgten drei Lieder von Johannes Brahms, einem sehr fleißigen Liedkomponisten – „Rosmarin“ in ruhig fließendem Moll, dann quasi als „Gegenstück“ das Lied „Von alten Liebesliedern“, bei dem besonders der Sopran sich in schwindelerregende Höhen bewegen muss. Als drittes Brahmsstück in diesem Konzertteil folgte das dicht umwoben gesetzte „Waldesnacht“, ein um 1874 entstandenes Chorstück nach dem bekannten Text von Paul Heyse. Mit allerlei Sequenzen, verminderten Akkorden und chromatischen Teilen werden bei dem Werk ziemlich hohe Anforderungen an einen Chor gestellt, zumal man sich ja auch noch um einen charaktermäßig passenden Klang bemühen muss.

Diesen Notwendigkeiten stellte sich der Chor jedoch sehr souverän und man merkte hierbei auch schon die Handschrift des Chorleiters Stefan Metz, der im letzten Jahr die Leitung des Chores übernommen hat. Metz zeichnet ein präzises, zwingendes, aber dennoch unaufdringliches Dirigat aus, das auf den Chor direkt überspringt, ohne ihn aber zu überfordern. Man merkte hierbei auch die Schule von Prof. Michael Gläser aus dessen langjähriger Rundfunkchortätigkeit – Stefan Metz studiert momentan Chorleitung bei ihm – der seine Chöre stets quasi als „Diener“ des Chores entschlossen führt und ihn bei der Interpretation sozusagen hilfreich voransteht.

Der nächste Block hatte ein sehr interessantes Repertoire zu bieten – Chormusik aus der Renaissance. John Bennets „Weep, o mine eyes“ gehört zu seinen berühmtesten Madrigalen, ist ein fantastisches Stück im Stile von Thomas Morley. Nicht minder berühmt ist „Dein Herzlein mild“ von Brahms, ein oft interpretiertes und gar nicht einfaches Chorstück mit diversen intonatorischen Klippen. Passend dazu folgte noch ein Madrigal von Thomas Morley und abschließend ein sehr rhythmisch betontes „Ich brinn und bin entzündt“ von Hans Leo Hassler, einem der wichtigsten Renaissance-Komponisten, was Chormusik betrifft.

Im nächsten Teil folgten weitere Volkslieder, besonders gefiel hierbei „Come again“ von Dowland, ein Liebeslied des englischen Komponisten, der in seiner Tonsprache her stark der Lautenmusik verbunden ist. Die versetzten Einsätze in der Textzeile „to see, to hear, to touch, to kiss, to die“ erforderten mit dem prägnanten Anfangslaut eine große Präzision des Chores, die dieser auch beeindruckend bot. Zudem ist die englische Sprache in der Chormusik nicht gerade einfach, da viele andere morphologische Konstellationen auftreten, als dies im Deutschen der Fall ist.

Comedian Harmonists und Annett Louisans
Im letzten Konzertblock bot der Visino-Chor wunderbare und selten zu hörende Werke – sogenannte „close harmony-Arrangements“ aus dem popmusikalischen Bereich. Beginnend mit „Ausgerechnet Bananen“ von den Comedian Harmonists, die als Mitbegründer dieser Art von Chormusik gelten, ging es weiter zu Annett Louisans „Drück die 1“, bei dem besonders die Männerstimmen eine völlig neue Chorrolle einnahmen und sich als lautmalerische Begleiter mit kleinen „vocal percussion-Elementen“ in das herrliche Arrangement einbrachten. Den Sängern und dem Chorleiter merkte man die Freude an dieser spritzigen Art von Chormusik sichtlich an, auch wenn die sehr trockene Akustik des Bösendorfersaals die Bedingungen für den Chor deutlich erschwerte.

Nach „L.O.V.E.“ von Nat King Cole beendete der Chor sein Programm mit Henry Mancinis „Moon river“. Hier bewies der Chor noch einmal hohe Kompetenzen, denn die versetzten Einsätze in Form eines Sekundakkords, Vorhalte, schwierige Akkorde und eine romantisch-flächige Tonsprache sind nicht gerade Kleinigkeiten im Anforderungsprofils eines Laienchores. So entstand ein wunderbarer Ausklang dieses schönen Konzertabends.

Moderiert wurde das Konzert von Richard Eder, dem langjährigen Vorsitzenden des Visino-Chores. Er streifte in seinen Moderationen das Thema „Liebe“ aus den verschiedensten Blickwinkel – mal heiter-satirisch, mal nachdenklich-philosophisch oder mit allerlei Zitaten von berühmten Persönlichkeiten. Beeindruckend waren hierbei nicht nur die rhetorischen Fähigkeiten und die teils kabarettistischen Zusammenhänge, sondern auch die gelungenen Überleitungen zum jeweils nächsten Stück. Es bleibt zu hoffen, dass es immer wieder mal solch „kammermusikartige“ Konzerte mit Köstlichkeiten aus der Chormusik geben wird.

Markus Asböck
Rottaler Anzeiger vom 18. Februar 2013

Visino-Chor meistert die Herausforderung

Renommiertem Ensemble gelingt beeindruckende Interpretation von Felix Mendelssohn-Bartholdys Oratorium „Paulus“

Mächtiger Klangkörper: Thomas Scherbel (auf dem Dirigentenpult) spornte den Visino-Chor, die Chorgemeinschaft St. Cäcilien Germering, Musiker und Solisten in der Klosterkirche zu Höchstleistungen an. (Foto: Kerscher)

Eggenfelden. Dass sich der Visino-Chor an große Werke der Chorliteratur heranwagt, ist inzwischen ja kein Geheimnis mehr, denn zum wiederholten Male präsentierte das traditionsreiche Ensemble ein herausragendes Werk – diesmal das Oratorium „Paulus“ von Felix Mendelssohn-Bartholdy. In der Klosterkirche gelang dem weitum bekannten Chor eine exemplarische und zutiefst beeindruckende Aufführung.

Zur Historie des Werkes: „Paulus“ ist neben „Elias“ das erste der beiden vollendeten Oratorien von Felix Mendelssohn-Bartholdy und behandelt Leben und Wirken des Apostels. Das Oratorium, in zwei Teile gegliedert, beschreibt den Werdegang vom Saulus zum Paulus, wobei der erste Teil seine Verfolgung der Christen (Märtyrertod des Stephanus durch Steinigung) schildert und das Damaskus-Erlebnis der Erscheinung Christi.

Der zweite Teil erzählt von seiner Arbeit als Missionar und von den damit verbundenen Gefahren. Dass Mendelssohn dramatisch besonders wertvolle Szenen, wie die im Kerker von Philippi und die des Tribunals von Caesarea, nicht verwendet hat, wurde oft bedauert, doch ging es ihm wahrscheinlich eher um die Umsetzung und Erzählung der Apostelgeschichte als um die Darstellung von Paulus als Persönlichkeit.

„Paulus“ ist auch von seiner Ausdehnung her ein großes Werk, vom Schwierigkeitsgrad her sowieso, gehört aber dennoch nicht zu den bekanntesten Oratorien. Umso lobenswerter und mutiger ist es, dass sich Dirigent Thomas Scherbel eben dieses Werk vornahm – der kulturellen Vielfalt dient er damit auf jeden Fall sehr.

Um „Paulus“ umsetzen zu können, vereinigte er den Visino-Chor mit der Chorgemeinschaft St. Cäcilia Germering, wo Scherbel als Kirchenmusiker tätig ist. Das Ergebnis war ein mächtiger Gesamtchor mit einer Vielfalt an dynamischen Möglichkeiten, die jedoch nie übertrieben wirkten. Besonders bei den Chorälen konnte das gewaltige Ensemble seine Qualitäten zeigen, kommt es gerade da auf größtmögliche Präzision auch in der Umsetzung der Worte an.

Das weitaus kleinere Orchester stellte den „Gegenpart“ zum großen Chor dar, ging jedoch nicht unter, da Thomas Scherbel stets den Gesamtklang im Visier hatte und von seinen Musikern stets disziplinierte Einordnung in das Gesamtbild abverlangt. Bei prägnanten Stücken wie „Dieser Mensch“ mit pochenden Rhythmen und dann wieder fließenden fugierten Teilen konnte man dies gut verfolgen.

Die Instrumentalisten, die vorwiegend aus dem Münchner Raum stammen, lieferten beachtliches musikalisches Können – der Fundus gerade aus dem Umfeld der Musikhochschule scheint schier unerschöpflich. Besonders die Blechbläser beeindruckten mit Präzision und Prägnanz in ihrem Spiel. Hervorragende Leistungen brachten auch die Solisten Marina Ulewicz (Sopran) mit ihrem engelsgleichen, reinen und schlanken Gesang: Annette Kramny (Mezzosopran), Markus Roberts (Tenor) und Tareq Nazmi (Bass), der einen sehr durchsetzungsfähigen Charakter zeigte – sie alle werden im „Paulus“ stark gefordert und besonders die Rezitative lebten von ihrer Leichtigkeit und unaufgesetzten Virtuosität. Der Chor bewies wie schon bei vergangenen Aufführungen seine große Ausdauer – besonders bei den Tenören müssen immens hohe Stellen gesungen werden und das über lange Zeit, was normalerweise zu stimmlicher Ermüdung führen kann.

Thomas Scherbel, ein sehr zielstrebiger und auf Genauigkeit und Professionalität Wert legender Musiker, setzte alles daran, die vielen versteckten Details, die aus dem Werk ein so großes machen, möglichst genau herauszuarbeiten. Dass er dabei dem Chor alles abverlangt, ist die klare Konsequenz. Die große Herausforderung bestand für ihn darin, den Chor bis an die Grenze des Machbaren zu führen, aber eben gerade nicht darüber hinaus.

Scherbel erwies sich als äußerst versierter und umsichtiger Dirigent mit einem sehr zwingenden und eindeutigen Dirigat, was Grundlage für die hohe Qualität eines solchen Konzertes ist. Zudem gelang es ihm stets, die Spannung aller Mitwirkenden immens hoch zu halten, was bei der zeitlichen Ausdehnung des Werkes wahrlich keine Selbstverständlichkeit ist.

Die Eggenfeldener können stolz sein, dass sie in Zeiten der allgemeinen kulturellen Verflachung und der Kommerzialisierung der Gesellschaft auf einen Gegenpol zugreifen können, der Kultur in einer zutiefst ergreifenden Weise bietet. Es bleibt zu hoffen, dass solche Konzerte weiterhin so gut besucht werden und damit diese Kultur am Leben erhalten werden kann.

Markus Asböck
Rottaler Anzeiger vom 24. November 2010