Visino-Chor beeindruckt mit „Mozart-Requiem“

Ein eindrucksvolles und mächtiges Ensemble mit rund 75 Musikern: Der Visino-Chor Eggenfelden führte mit dem Orchester der Franziskanerkirche Salzburg mit dem „Requiem“ von Wolfgang Amadeus Mozart eines der bedeutendsten Werke der Musikgeschichte auf. Vorne am Dirigentenpult Gesamtleiter Gregor Mooser, links die vier Gesangssolisten. −Foto: Asböck

Mit Konzert in der Klosterkirche eine der größten musikalischen Herausforderungen gemeistert

Das „Requiem“ von Mozart einmal aufzuführen – das ist ein Unterfangen, das den allermeisten Chören immer verwehrt bleibt, weil das Anspruchsniveau und die Schwierigkeiten einfach zu hoch sind. Dass der Visino-Chor und dessen Leiter Gregor Mooser sich an dieses herausragende Meisterwerk der abendländischen Musikkultur heranwagten, vermag einiges über die Qualität des Ensembles zu verraten. In der Klosterkirche gelang dem Chor in Kooperation mit dem Orchester der Franziskanerkirche Salzburg eine beeindruckende Aufführung.

Ein wahres Feuerwerk beim „Dies irae“

Zunächst zum Werk: Zweifelsohne ist das „Requiem“ von Wolfgang Amadeus Mozart eines der größten Musikwerke der abendländischen Kultur und steht in einer Reihe mit großen Werken wie dem „Requiem“ von Brahms, den Passionen oder der h-Moll-Messe von Bach. Pikanterweise ist es das letzte Werk Mozarts aus seinem Sterbejahr 1791 und wurde von ihm nur zu zwei Dritteln vollendet, da er während der Komposition starb. Und da es ein Auftragswerk war, beauftragte die Witwe Constanze Mozart den Mozart-Schüler Franz Xaver Süßmayr, das Requiem fertigzustellen. Über dessen Vollendung ranken sich seither Diskussionen, Mythen und fachspezifische Auseinandersetzungen, so dass das „Requiem“ eigentlich permanent ein Gesprächsthema unter Experten darstellt, was der Popularität sicher nicht abträglich ist.

In der Summe ist es ein Werk, dass dem durchschnittlichen Laien-Zuhörer sehr wohlklingend erscheint, auch wenn die Tonsprache für Mozart’sche Verhältnisse schon teilweise recht kühne und progressive Wendungen beinhaltet. Im Eröffnungsteil „Requiem aeternam“ baute Dirigent Gregor Mooser ein düsteres Klangbild auf, das sich mehr und mehr zu entfalten und aufzuhellen begann. Im großartig fugierten „Kyrie“ – eine satztechnisch extrem beeindruckende Komposition – kamen die Zuhörer gleich in den Genuss von virtuosen Stimmführungen im Chor, die sich trotz höchster Anforderungen zu einem sehr harmonischen Erscheinungsbild zusammenfügten und stets die Kontrolle behielten.

Ein wahres Feuerwerk erlebten die Besucher beim „Dies irae“, der fast apokalyptisch gehaltenen Sequenz des Requiemtextes, mit wilden Klangwolken, mächtigen Akkorden und fanfarenartigen Bläsereinsätzen.

Herrlich auch das völlig gegensätzliche, fast schon melancholische Posaunensolo im „Tuba mirum“ – einem sehr ruhigen Stück, bei dem die vier vorzüglichen Gesangssolisten Bettina Baumgartner-Geltl (Sopran), Ute Feuerecker (Alt), Benedikt Heggemann (Tenor) und Marlo Honselmann (Bass) erstmals im Zusammenklang musizierten und sich wie im gesamten Verlauf des Konzertabends gut aufeinander abgestimmt zeigten. Im „Rex tremendae“ zeigte sich der Chor intonatorisch sehr präsent beim überaus schwierigen Eröffnungseinsatz und auch bei der Fuge „Quam olim Abrahae“ merkte man den rund 50 Sängerinnen und Sängern die große Freude am Musizieren an, nachdem die Aufführung schon für 2020 geplant war und Pandemie-bedingt erst jetzt stattfinden konnte. Auch die weiteren Teile des Requiems, das musikalisch insgesamt sehr abwechslungsreich konzipiert ist, gelangen vortrefflich, so dass Gregor Mooser es sogar wagte, bei der finalen Abschlussfuge ein fast schon aberwitziges Tempo anzuschlagen, so groß war sein Vertrauen in die Fähigkeiten des Chores.

Das Orchester der Franziskanerkirche Salzburg, das von Continuo-Organist Markus Asböck unterstützt wurde, zeigte sich jederzeit Herr der Lage und kreierte schöne Klangbilder, zeigte sich bei den technisch durchaus virtuosen Teilen sicher und fand einen guten Mix im Zusammenspiel mit dem Chor, um die passende Balance für den akustisch nicht ganz einfachen Raum zu finden.

Chor bis an die Grenze des Machbaren geführt

Abschließend ein paar Gedanken zur Hauptperson dieser exemplarischen Aufführung: Dirigent Gregor Mooser setzte alles daran, die vielen versteckten kleinen Details, die aus dem Werk ein so großes machen, möglichst genau herauszuarbeiten. Dass er dabei dem Chor nahezu alles – auch bei der Deklamation des Textes – abverlangt, ist eine logische Konsequenz. Die große Kunst bestand für ihn darin, den Chor bis an die Grenze des Machbaren zu führen, aber eben gerade nicht darüber hinaus. Er erwies sich als sehr versierter und umsichtiger Dirigent mit einem flexiblen Dirigat – mal fordernd-zupackend, mal weich, mal energisch, dann wieder gefühlvoll. Zudem gelang es ihm stets, die Spannung aller Mitwirkenden hoch zu halten – was bei einem solch großen Werk eine entscheidendes Kriterium ist.

Erfreulich war zudem auch die Publikumsresonanz, denn die Klosterkirche war bis auf den letzten Platz gefüllt. Somit zeigt sich einmal mehr – auch die beiden Festivals „Eggenfelden klassisch“ und das „Orgelfestival Eggenfelden 2022“ erfreuten sich eine großen Besucherresonanz –, dass Kulturveranstaltungen in Eggenfelden gut angenommen werden und dass der „Kulturhunger“ nach zwei schwierigen Jahren wieder da ist.

Rottaler Anzeiger vom 24.11.2022
Markus Asböck